Lieblingsbuch: Helen Oyeyemi, Mr. Fox

Ein Autor und seine Muse verstricken sich in Geschichten und testen die Grenzen des Erzählens aus.

Die britische Autorin Helen Oyeyemi schrieb ihr Erstlingswerk Das Ikarus Mädchen mit gerade mal 19 Jahren und erlangte damit weltweite Anerkennung und Lob für ihre literarische Arbeit. Nachdem ich ihren neusten Roman Buch Boy Snow Bird gelesen hatte und sie dann auch noch bei einer Lesung kennen lernen durfte, bin ich ein großer Fan. Nun habe ich Mr. Fox ausgelesen und wurde nicht im geringsten enttäuscht.

Mr. Fox signed
Mr. Fox ist ein erfolgreicher Autor von Horrorliteratur im Jahr 1939. Doch seine Geschichten nehmen immer die gleiche tragische Wendung, die weibliche Hauptfigur wird grausam ermordet. Im wirklichen Leben ist er verheiratet mit Daphne, einer jungen leidenschaftlichen Frau. Doch quälen sie Selbstzweifel, da sie davon überzeugt ist, ihm intellektuell nicht das Wasser reichen zu können. Und dann ist da noch Mary Foxe, die imaginäre Muse, ersponnen von Fox in den Gräben des ersten Weltkriegs. Sie hat ihm bisher treue Dienste erwiesen und ihm zu dem Erfolg verholfen, den er als Autor erlangt hat. Doch nun rebelliert sie, taucht eines Tages unangekündigt, nach sieben Jahren Abwesenheit, in seiner Schreibwerkstatt auf und fordert das Töten zu stoppen. Mehr noch sie wirft Fox vor keine wirkliche Verbindung zu anderen Menschen aufbauen zu können, unfähig einer aufrichtigen Beziehung. Er vermeidet den Konflikt und verhindert eine echte Annäherung in dem er seine Figuren tötet.
Nach dieser Einführung folgen mehrere Geschichten, abwechselnd geschrieben von Mary Foxe und Mr. Fox. Doch welche aus wessen Feder stammt, das muss der Leser selbst herausfinden. Beide tauchen als Figuren in diesen Geschichten auf, umeinander kreisend, doch die Annäherung erweist sich als schwierig. Die zwischenmenschliche Lösung die Mary anstrebt scheint unmöglich. Alte Gewohnheiten sind eben schwer abzulegen und immer noch sterben die Hauptfiguren. Und da ist auch noch Daphne, die das Feld nicht so einfach einer anderen Frau überlassen will, ob sie jetzt erfunden ist oder nicht und zwischen ihr und Mary entwickelt sich eine ganz eigene Dynamik.
Mr. Fox beruht auf dem Volksmärchen Blaubart. Oyeyemi arbeitet das Thema wunderbar in ihrem Buch auf ohne dabei ihre eigene Geschichte einzuengen. Die englische Version dieses unheimlichen und grausamen Märchen heißt Mr. Fox. Diese Version gefällt mir um einiges besser als Blaubart, da die Heldin in dieser Geschichte durch Neugier und Mut ihrem Mörder entkommt:

Die schöne, junge Lady Mary hat viele Geliebte, der mutigste und reichste von ihnen scheint Mr. Fox zu sein. Niemand weiß woher er kommt und wer er eigentlich ist. Doch Mary will nur ihn und so wird die Verlobung angekündigt. Mr. Fox erzählt von einem Schloss, er beschreibt wo es ist, aber lädt weder sie noch ihre Brüder vor der Hochzeit ein es zu besichtigen. So beschließt Lady Mary dieses Schloss auf eigene Faust zu besichtigen. Als sie dort ankommt sieht sie ein Schild über dem Tor: Be Bold, Be Bold. Sie kommt durch ein zweites Tor mit der Aufschrift: Be Bold, Be Bold, But Not Too Bold. Sie geht immer noch weiter, kommt in die Eingangshalle und geht einen Gang hinunter und sieht ein drittes Schild: Be Bold Be Bold But Not Too Bold, Lest That Your Heart’s Blood Should Run Cold. Aber Lady Mary ist mutig und öfnet die Tür am Ende des Ganges. Sie findet einen Raum voller Leichen junger, schöner Mädchen. Entsetzt schließt sie die Tür und beschließt zu verschwinden. Doch durch das Fenster sieht sie Mr. Fox auf das Schloss zukommen, eine Frau im Brautkleid hinter sich herziehend. Mary versteckt sich hinter einer Rüstung im Gang. Kurz bevor Mr. Fox mit der Frau im Zimmer am Ende des Ganges verschwindet entdeckt er einen Ring an ihrer Hand. Er versucht ihn ihr abzunehmen, doch es gelingt ihm nicht. Entnervt zieht er ein Messer und schneidet der Frau den Finger samt Ring von der Hand. Der Finger entgleitet ihm und landet in Marys Schoß. Doch Mr. Fox dreht sich nicht mehr um und verschwindet im Zimmer.

Am nächsten Tag besucht Mr. Fox Mary und ihre Familie zum Abendessen. Mary beginnt von einem vermeintlichen Traum zu erzählen und beschreibt das Schloss, das schreckliche Leichenzimmer und Mr. Fox, wie er der Frau den Finger abschneidet. Dieser leugnet alles mit den Worten “It is not so, nor it was not so. And God forbid it should be so”. Doch Mary hat den Beweis, sie präsentiert den Finger. Die Geschichte endet damit, dass Marys Brüder ihre Schwerter ziehen und Mr. Fox in tausend Stücke hacken.

Auch Mary Fox und Daphne fangen an ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Am Ende profitieren alle drei davon und Mr. Fox erfährt ein anderes Schicksal al sein Namensvetter.

 

Mr. Fox

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